Samstag, 30. August 2008

Flusswärts - eine Reisegeschichte 2. Teil

dies ist der zweite Teil einer Reisgeschichte, die nach und nach im Blog veröffentlicht wird. Es empfiehlt sich zurück zu gehen und beim 1. Teil mit dem Lesen zu beginnen.


Das Abschiedsgejohle der am Ufer Zurückbleibenden begleitete uns bis über die nächste Biegung hinaus. Der Fluss war vorerst genügend tief, mit wenig Astwerk.
Meine Frau hatte das Paddeln bald heraus, es war eine Lust, im prachtvollen Sonnenschein so langsam dahin zu gondeln. Alles war uns neu, die hübschen Wasservögel gab es in der Stadt nicht, ebenso wenig die Bäume am Ufer, oder das hohe Bambusgestrüpp. Bald sahen wir auch die ersten Enten, die uns dann alle Tag als Nahrung dienen mussten. Doch heute ließ ich sie in Ruhe, denn die zwei Kilo rohes Fleisch, die wir mitgenommen hatten, würden vorerst genügen. In der ersten Stunde war das Flussbett sandig, doch dann änderte es sich plötzlich, es wurde steinig und mit einmal wo wenig tief, dass wir festsaßen, aussteigen und das Boot eine Strecke ziehen mussten. Bald waren wir aber wieder in genügend tiefem Wasser, mussten jedoch immer Acht geben, mal links, mal rechts fahren, je nachdem wie die Sandbänke gebildet waren. Dann hieß es aber auch besonders auf die vielen Baumstämme und Äste achten, die das Boot ständig in Gefahr brachten. Allzu schlimm ist das ja in der Regel nicht, da die Strömung sie meist derart wirft, dass die Spitzen der Stämme in der Stromrichtung liegen. Gefährlicher schon ist der beindicke Bambus, der Fingerlange scharfe Dornen in allen Richtungen hat.
Doch wir paddeln vorerst recht gemütlich, spielen uns auf einander ein. Später genügt dann ein Wort, um schnell allen Gefahren auszuweichen. Selbst Äste unter Wasser können wir frühzeitig an einer feinen Bewegung an der Oberfläche erkennen und meistens – nicht immer ein Auffahren vermeiden.
Gegen vier Uhr begann mir der Magen erheblich zu knurren, und ich schlug vor, am ersten schönen Platz zu Lagern. Man soll mit der Arbeit nicht gleich so heftig anfangen, sonst wird man sie zu bald leid. Schon sehen wir am rechten Ufer einen idealen Platz, wie wir in später nicht wieder gefunden haben. Schnell war das Boot an Lang gezogen, ausgepackt und ein Feuer angezündet. Brennholz gab es in Menge. Bis das Teewasser heiß war, wurde noch schnell gebadet, denn trotzdem wir uns nicht besonders angestrengt haben, war viel Schweiß geflossen. Ungewohnte Arbeit ist immer schwer! Meine Frau reinigte das durch den vielen Staub verschmutzte Fleisch, steckte den Spies durch und diesen an der Glut des Feuers in die Erde. Dann wurde erstmal in aller Ruhe und Gemütlichkeit Mate getrunken. Ja gemütlich war das! Es ist schon acht Jahre her, dass ich nicht mehr im Urwald war, dass ich nicht mehr in den Nächten am Lagerfeuer lag, wo der Matebecher reihum ging und die Leute mir ernsthaft von den Gespenstern des Waldes erzählten. Schön war das, aber desto schlechter waren die Arbeit und die Kost. Von vor Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang mit nur zwei Stunden Mittagspause wurde gearbeitet. Verpflegung am Morgen wenige Galletas mit süßem Tee, mittags tagtäglich Mais in Trockenfleisch gekocht, dazu wenig Mandioca, abends eine dünne Bohnensuppe. Nur sonntags gab es ei dicke Reissuppe. Auf die Dauer hält das ein Europäer nicht aus. An diese Zeit musste ich denken, als ich jetzt so faul im Schatten lag, denn die langsam untergehende Sonne wärmte noch ziemlich.

„Ja, sieh mal Lulu, mit deinen Kochtöpfen wirst du ja ganz gut fertig, aber einen Braten am Spieß richtig schmackhaft zu machen, verstehst du doch nicht“
„Aber wieso denn, was habe ich denn falsch gemacht, man riecht es doch bis hierher, wie lecker er ist!“
„Das hat damit nichts zu tun, drehe ihn erstmal um. Zuerst muss die Knochenseite richtig durchgebraten sein, und dann die Fleischseite. Sonst sitzt nachher am Knochen noch das rohe Fleisch, und das andere Fleisch ist zu zäh. Wenn dir das nicht klar ist, mach lieber zwei Stücke, eines auf deine und eins auf meine Art. Aber dass du es nur weißt, von meinem Stück lasse ich dich höchstens probieren!“
Na, das hat ja mal geklappt, denn mit dem Fehler hatte ich gerechnet! So konnte ich meine Kochkunstweisheit an den Mann, oder vielmehr an die Frau bringen. Es tut einem doch gut, wenn man seiner Frau auf ihrem Gebiet einmal imponieren kann!
Auf die Art wurde der Braten dann auch ausgezeichnet. Eine einzige Gabel hatten wir wohl mit, brauchen sie aber nicht. Wir aßen landesüblich mit den Fingern, indem wir das Fleisch stückweise abschnitten. Dazu wurde etwas Brot gegessen. Unterdessen verschwand die Sonne immer tiefer hinter den Bäumen des jenseitigen Ufers. Zum Schlafen brauchte der Platz nicht erst hergerichtet werden. Regen drohte nicht. Jeder hatte eine Zeltbahn. Die und eine Decke waren genug für eine Unterlage. Als Kopfkissen benutze ich den Sack mit den Galletas und meine Ersatzkleidungsstücke, Lulu den Rucksack mit ihren Kleidern. Die Flinte blieb für alle Fälle handbereit. Ein – zwei Zigarren rauchte ich noch, dann duselte ich langsam ein, und wurde erst gegen zwei Uhr wach, da es mich fror. Schnell schürte ich das Feuer, legte einige dicke Klötze drauf und wickelte mich in meine zweite Decke. Sofort schlief ich wieder ein, und wurde erst wach, als ein schwacher Schein die Morgendämmerung ankündigte.

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