Montag, 1. September 2008

Flusswärts - eine Reisegeschichte 3. Teil

dies ist der dritte Teil einer Reisgeschichte, die nach und nach im Blog veröffentlicht wird. Es empfiehlt sich zurück zu gehen und beim 1. Teil mit dem Lesen zu beginnen.


Sofort schlief ich wieder ein, und wurde erst wach, als ein schwacher Schein die Morgendämmerung ankündigte.
Ich setzte mich näher ans Feuer und sorgte, dass das Teewasser heiß wurde, dann erst weckte ich meine Frau, die nicht einmal in der Nacht aufgeweckt war und reicht ihr den Mate mit der Bombilla, damit sie immer wieder heißes Wasser aufschüttet und mich bediene. Denn so ist es Sitte hier im Lande, und ich denke nicht daran, von einer Sitte ab zu weichen, die für mich so bequem ist. Denn wenn ich es jetzt anders machte und ihr den Mate servierte, so könnte sie das ja auch zuhause verlangen. Nein, nein gibt’s nicht. Also trinken wir heute mal unseren Mate in aller Ruhe, dann verstauen wir das Gepäck besser als Gestern, so dass das Heck tiefer im Wasser liegt, bringen auch das Steuer an und fahren gegen sechs Uhr dreißig los, als die Sonne schon reichlich hoch steht. Mit dem Steuer paddelt es sich jetzt viel leichter, wir kommen besser an den Hindernissen vorbei. Heute Abend denken wir in der Nähe der Station zu bleiben, das sind in der Luftlinie ca. 25 km
„Kleinigkeit, Nachmittags so gegen drei sind wir da“ sag ich noch zu Lulu. „Wir wollen keine Hetzjagd machen, rudern so bis gegen zehn Uhr und fangen um zwei wieder an.“
Der Morgen war nicht zu heiß, es wehte ein frischer Wind. So macht das Paddeln viel Vergnügen. Die Ufer waren meist vier bis fünf Meter hoch. Kam mal ein Stück Kampland, so stieg einer von uns beiden an Land, Umschau halten. Manchmal war das Kampgras mannshoch, so dass man nichts sehen konnte. Ein andermal war einigen Wochen vorher gebrannt worden, dann sahen wir gewöhnlich wenige Stück Vieh und ganz in der Ferne auf den Anhöhen ein Haus. Offenbar wurde ein großer Teil der Kämpe bei Hochwasser überschwemmt. Deshalb sah man auch verhältnismäßig wenig Vieh. Wir waren so ungefähr gegen eine Stunde gefahren, da trafen wir auf eins der wenigen Häuser, die wir auf der ganzen Tour nah am Ufer fanden und sahen dabei den originellsten und in seiner Art einwandfreiesten Abort, den man abseits jeder Zivilisation und Kultur nicht erwartete. Im Wasser am Uferrand waren vier Pfähle gesetzt, darauf ein Plattform mit dem bekannten runden Loch und darüber ein kleines Strohdach. Die Seltenheit musste natürlich Fotografiert werden, da doch hier auf dem Lande diese Einrichtungen ungefähr so selten sind, wie 1914 in Belgien, als wir dort einzogen. Ich bat eines der herumlaufenden Kinder, sich mal dort oben recht natürlich aufzubauen. Doch vergebens. Vielleicht hatte niemand das nötige Bedürfnis, vielleicht wollte man sich nicht mit dem verkehrten Gesicht fotografieren lassen.
Um zehn war es uns noch zu früh zum Rasten, es wurde dazu bald elf Uhr. Viel Arbeit gab es nicht. Zum Essen hatten wir den kalten Braten und Brot. Das genügt. Ein Feuer wurde angezündet und der Wassertopf aufgesetzt. Ich gehe mal los, um Umschau zu halten. Ich bin noch keine dreißig Meter gegangen, natürlich senkrecht gegen die Flussrichtung, als ich wieder auf den selben Fluss stoße, auf eine Stelle, die vielleicht zehn Minuten zu paddeln entfernt ist. „Heiliger Bimbam, macht der aber Krümmungen! Wenn er so weiter fließt, dann müssen wir uns aber dran halten!“ Und tatsächlich geht es immer so weiter. Warf so meine ganzen Berechnungen über den Haufen. Aus einer leichten bequemen Vergnügungstour, wurde eine anstrengende Reise, die mir auch noch das letzte bisschen Fett nahm, wo ich doch ohnehin fas nur noch Haut und Knochen war. Um meine Frau nicht bange zu machen, schwieg ich vorläufig darüber. Andernfalls wäre sie mir vielleicht bei nächster Gelegenheit ausgestiegen, und ich wäre der Blamierte gewesen. Aber anstrengen würde ich mich müssen, das wurde mir allmählich klar. Denn wir hatten gesagt, in zehn bis zwölf Tagen zurück zu sein, und ließen wir dann in vierzehn bis achtzehn Tagen nichts von uns hören, würde man die Polizei auf uns hetzen und alle Lieben und weniger lieben Freunde und Verwandte in Unruhe gingen. Mein Fell ist zwar ziemlich dick, mir ist das sehr gleichgültig, aber meiner Frau nicht: „Mama wird sicher weinen“ meinte sie als ich ihr einige Tage später die Lage erklärte. „Na siehst du wohl, warum wolltest du auch durchaus mit! Hättest mich besser mit meinem Freunde Otto fahren lassen“, sagt ich ihr später jedes Mal, wenn sie zu sehr zum Aufbruch drängte. Dann hatte ich eine Weile Ruhe.
Erstmal nahmen wir ein erfrischendes Bad. Dann wollten wir eine Stunde schlafen, bis die größte Hitze vorüber sei. Zudecken kann man sich nicht, der Schweiß perlt schon aus allen Poren. Dann stürzt sich das ganze fliegende Ungeziefer auf einen und man hat beide Hände nötig alle Fliegen ab zu wehren. Ein Moskitonetz mitzunehmen, hatten wir in unserer Einfalt einfach vergessen. So bleibt keine andere Wahl- Mate trinken und dann weiter. Auf dem Wasser belästigte uns das Fliegenzeug weniger.

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