Mittwoch, 3. September 2008

Flusswärts - eine Reisegeschichte 4. Teil

dies ist der vierte Teil einer Reisgeschichte, die nach und nach im Blog veröffentlicht wird. Es empfiehlt sich zurück zu gehen und beim 1. Teil mit dem Lesen zu beginnen.

Auf dem Wasser belästigte uns das Fliegenzeug weniger.
Besonders mich, zu meiner größten Freude und Genugtuung, denn Lulu musste sich doch noch immer gegen allzu aufdringliche Blutsauger wehren, die ihr besonders an den Füßen zu schaffen machten. Ich gab ihr manchmal den guten Rat, doch den Tierchen ihr Vergnügen zu lassen, doch umsonst.
„Lass du dich doch von den Biestern auffressen“ meinte sie.
„Gerne schicke sich mir her“ doch sie bleiben anhänglich.
Die Ufer blieben sich immer gleich, nach einer Stunde paddeln konnte man glauben, man sei noch immer an der selben Stelle. So gegen vier Uhr ging ich mal an Land, ob noch nicht der hohe Schornstein der Zuckerfabrik zu sehen wäre, die wir nach meiner Berechnung auf der Karte, heute eigentlich bequem hätten erreichen müssen. Nichts. Nur Vieh – und menschenleerer Kamp, kilometerweit. Einmal hörten wir tief im Walde Axtschläge der Holzfäller, sahen aber niemanden. Dann musste für das Abendessen gesorgt werden. Ein paar Enten wären gerade recht. Vor dem Kriege hatte ich mal im Revolverschießen am besten abgeschnitten. Jetzt schoss ich die ersten Kugeln von dem schwankenden Boot aus glatt vorbei. Dann schoss ich eine Ente flügellahm. Wir im Wasser, mal rauf, mal runter, hinterher gepaddelt. Noch dreimal geschossen, dann verschwand sie im Dickicht am Ufer. Nun wurde ich vorsichtiger, bei einer anderen Ente ließ ich das boot erst ziemlich in Ruhe kommen, wartete mit dem Schuss, bis wir auf vierzig Meter heran waren. Traf gut – die Ente lag auf dem Wasser. Lulu greift sie: „Au“. Damit ließ sie sie wieder fallen. Hatte das Tier sie doch in den Finger gebissen. Wie dumm doch manchmal die Frauen sein können! Da packte ich die Beute auch schon an den Hals, drehte ihn etwas rum, so hatten wir die erste Hälfte des Abendessens. Kurz darauf erst mal wieder zwei Fehlschüssen, dann einen schönen Halsschuss. So, genug! Mir wird aber schon etwa bänglich, denn wenn ich weiterhin für jedes Tier so viele Kugeln brauche, haben wir in den letzten Tagen nichts zu Essen. Ich habe keine hundert Kugeln mit. Von fünf Uhr an wird Ausschau nach einem guten Lagerplatz gehalten. Diese sind nicht sehr häufig, einmal ist die Böschung zu steil, ein andermal die Sandbank zu groß, dann zuviel Schilf oder ein Lagune, Brutstätte der Mücken, in der Nähe. Alles nichts für uns! Es ist schon halb sechs, ich steige wieder ans Ufer und sehe weit in der Ferne den gesuchten hohen Schornstein. Wie ein Streichholz sieht er aus. Luftlinie mindestens noch fünf Kilometer. Lulu meint, er wäre näher und möchte heute noch hin. Dort wohnen Bekannte. Sie hat aber natürlich keine Ahnung von Entfernungen. Ich erkläre ihr das mit der Autorität eines alten Freiwilligen Artilleristen und so behalte ich dann schließlich Recht und sogar das letzte Wort in dieser Zweifelsfrage. Kurz darauf finden wir einen geeigneten Platz, wo der Fluss scheinbar tief ist, eine große Bucht bildet von über hundert Metern Breite. Schnell war alles Nötige an Land geschafft, bald kochte das Wasser im Kochtopf. Darin wurden zuerst die Enten abgebrüht und dann rupfte jeder eine ab. Das ging aber nicht so rasch und einfach, wie bei Hühnern. Die Federn sitzen viel tiefer und die Flaumfedern waren kaum herauszubekommen. In meinem Leben habe ich kein so schlecht gerupftes Federvieh gesehen. Die Arbeit hatte wohl eine halbe Stunde gedauert. Inzwischen war es dämmerig geworden. Auf der gegenüberliegenden Sandbank hörten wir Stimmen und Hundegebell. Angler waren gekommen und hatten ein großes Feuer angezündet. Dadurch zogen sie die Fische in ihre Nähe, denen sie dann ihre Angeln vorwarfen. Die Leute zogen erst bei der Morgendämmerung wieder ab. Wir ließen uns nicht stören. Während die Enten im Kochtopf schmorten tranken wir unseren gewohnten Mate, rauchten und schwatzten. Nach ungefähr einer Stunde gaben wir Reis in den Topf und bald war eine schmackhafte Suppe fertig. Beim Essen wurde das Feuer stärker geschürt, um auch u sehen, was wir aßen, um vor allem zu vermeiden, dass wir zu viele Federn mitaßen. Denn die Kiele der Federn saßen noch unter der Haut. Was wir nicht mochten wurde einfach übers Ufer ins Wasser geworfen. Darum balgten sich dann die Fische. Jedenfalls hörte ich noch jedes Mal in der Nacht, wenn ich wach wurde, das Springen der Fische. Sie wurden sich wohl über die Verteilung der Knochen nicht einig. Das Essen war so reichlich gewesen, dass noch ein Rest für das Frühstück blieb. Die Nacht war wieder sehr frisch. Ich war froh, als ich die ersten Anzeichen des neuen Tages bemerkte.

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